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EFH Singer 96 Ermatingen, Riedstrasse 10

Neubau Niedrigenergiehaus als Holzrahmen - Elementbau,

Komfortlüftung mit Wärmerückgewinnung

Bauarbeiten: 1996

Natürlich Holz

© Jörg Singer, dipl. Architekt ETH/SIA, 8272 Ermatingen - April 1999


Gedanken eines Architekten über den modernen Holzrahmenelementbau und ein Bericht über Beweggründe betreffend Materialwahl, Planung und Realisation, am Beispiel des selber bewohnten Wohnhauses mit Architekturbüro in Ermatingen.

Das Architektenhaus

Auch Architekten träumen gelegentlich vom eigenen Haus. Aber wehe, wenn endlich ein geeignetes Grundstück gefunden ist, und der Haustraum wahr werden soll! Unendlich viele Möglichkeiten bieten sich plötzlich an, und die Versuchung ist gross, für sich selber das Rad wieder einmal neu zu erfinden und das Übliche in Frage zu stellen.

Der Anspruch

Ein modernes, ästhetisch ansprechendes, aber unaufdringliches Haus sollte es sein, und selbstverständlich nach den neusten (Baujahr 1996!) ökologischen und technischen Kenntnissen gebaut: Neben einer angenehmen und gemütlichen Wohnatmosphäre, waren ein möglichst niedriger Energieverbrauch, verbunden mit hohem Wohnkomfort und eine rationelle, nachhaltige Bauweise wichtige Ziele.

Die Idee

Auf der Suche nach einem geeigneten Material- und Konstruktionskonzept für ein Niedrigenergiehaus, bin ich 1995 an einem Seminar in Biel fündig geworden:
Ein Holzrahmenelementbau, konzipiert als Niedrigenergiehaus, von A bis Z selber geplant und baubegleitet, als eine Art Prototyp zum experimentieren. Das Resultat wird überprüfbar, täglich, bei jedem Wetter, zu jeder Jahreszeit, über Jahre hinweg! Durch das Bewohnen soll geklärt werden, was sich bewährt, was wichtig ist, was besser gemacht werden könnte.

Warum Holz

Von wenigen Ausnahmen abgesehen, wird normalerweise für das Untergeschoss Beton und Stein und für die Dachkonstruktion Holz verwendet. Aber warum nicht auch das Wohngeschoss dazwischen, wie früher üblich, wieder mit Holz bauen?
- Holz ist ein Naturprodukt und einer der wenigen, in grossen Mengen verfügbaren, einheimischen Rohstoffe. In der Schweiz wird zur Zeit immer noch wesentlich weniger Holz genutzt, als nachwächst. Die Holznutzung ist deshalb eine Art Waldpflege, weil sie zur Verjüngung des Holzbestandes beiträgt.
- Holz ist umweltverträglich und dank Erneuerungsfähigkeit durch Nachwachsen praktisch "vor der eigenen Haustüre", was kurze Transportwege bedeutet, ein nachhaltiger Rohstoff erster Güte.
- Holz ist biologisch abbaubar. Was nach der Holznutzung übrigbleibt, geht wieder zurück in den Kreislauf der Natur. Übrigens: nicht wenige Holzhäuser und Holzbrücken in der Schweiz zählen hunderte von Jahren...

Der Werkstoff Holz

Holz wird vermehrt auch in der Schweiz zu modernen Hochleistungswerkstoffen verarbeitet, wie Leimholzbinder (aus Brettern verleimte, rissfreie Balken), Sperrholz (dünne, kreuzweise verleimte Holzschichten), Spanplatten (unter Druck verleimte Späne) und Holzfaserplatten (poröse Dämmstoffe oder kompakte Hartplatten aus gepressten Holzfasern). Holzwerkstoffe werden laufend weiterentwickelt und für die vielfältigsten Anwendungen optimiert.

Der Holzrahmenelementbau

Aussenwände von Holzrahmenelementbauten haben bei vergleichbarer Wärmedämmung geringere Wandstärken als andere Konstruktionen und können als grossflächige Elemente trocken und massgenau in der Werkstatt vorfabriziert und in sehr kurzer Zeit auf der Baustelle präzis zusammengebaut werden. Nach etwa zwei Tagen ist das Gebäudeinnere witterungsgeschützt und bleibt trocken. Was in der Werkstatt noch nicht eingebaut wurde, wird auf der Baustelle ergänzt: Einbauküche, Sanitärapparate, Bodenbeläge, Malerarbeiten usw.
Auf Holzbau spezialisierte Firmen mit entsprechendem Maschinenpark, den nötigen Räumlichkeiten und der Erfahrung, bieten fertige Typenhäuser oder typisierte Konstruktionsteile an (Aussenwände, Decken, Dächer). Aber auch Architekten entdecken vermehrt die vielfältigen Möglichkeiten des sich rasant entwickelnden modernen Holzbaus. Sie bieten meist in mehr oder weniger enger Zusammenarbeit mit erfahrenen Holzbaufirmen, die Planung und Bauleitung für individuelle, "massgeschneiderte", teils extravagante Holzbauten an, praktisch ausnahmslos und mit bescheidenen Mehrkosten als Niedrigenergie- oder Passivhäuser realisierbar.

Die Planung und die Realisation

Holzbauten erfordern eine aufwendige und anspruchsvolle Planung vor Baubeginn. Doch während das Kellergeschoss aus Beton und Kalksandstein gebaut wird, erfolgen zur gleichen Zeit die meisten Rohbau- und Ausbauarbeiten für die oberen Geschosse und das Dach in der Werkstatt, unabhängig von der Witterung, was die Holzbauweise massgenau und schnell macht. Der hohe Vorfertigungsgrad bei Holzrahmenelementbauten senkt Kosten, und kostspieliges Improvisieren am Bau kann weitgehend vermieden werden, durch die produktionsbedingte, detaillierte und frühzeitige Ausführungsplanung. Die Elementgrösse wird übrigens einzig durch die Transportmöglichkeit begrenzt.

Beschrieb eines Holzbaus

Der mit
Bildern als Beispiel vorgestellte Holzbau wird seit Herbst 96 bewohnt. Er steht in Ermatingen am Untersee, direkt am Uferweg nach Konstanz. Die beiden oberen Wohngeschosse und das Dach bestehen aus vorfabrizierten, leichten Holzrahmenelemente, welche innerhalb von zwei Tagen zusammengebaut, auf dem massiven Sockelgeschoss aus Sichtbeton ruhen. Das Sockelgeschoss direkt über dem Grundwasser, in welchem sich unter anderem das Architekturbüro befindet, ist dank einer eingebauten Abdichtung absolut trocken, obwohl der Kellerboden zur Zeit etwa 25cm unter dem aktuellen Hochwasserpegel liegt! Die Ebene des Erdgeschosses ist als Raumkontinuum gestaltet und wird gegliedert durch die Küchenkombination in der Süd-West Ecke und den Cheminéeofen im Zentrum. Ein separates Zimmer kann dank einer Schiebetüre diesem offenen Raum zugeschlagen werden, oder als Gästezimmer eine separate Zelle bilden. Im Obergeschoss sind drei Zimmer dem grosszügigen Flur entlang aufgereiht, der geräumig genug ist, um als Umkleide- und Schrankraum genutzt zu werden. Mit Schiebetüren an der östlichen Fensterfront lassen sich die Zimmer optisch zusammenfassen, was diese grösser und heller erscheinen lässt und überraschende Ausblicke auf den See in Richtung Sonnenaufgang ermöglicht. Der niedrige Estrich unter dem Dach ist über eine Ausziehtreppe zugänglich.

Holzbedingte Wirkungen und Eigenschaften

- Wandkonstruktionen mit organischen Baustoffen haben die Eigenschaft, Wasserdampf aufzunehmen und wieder an die Raumluft abzugeben. Sie tragen damit entscheidend zu einem behaglichen Wohnklima bei. Heutzutage ist es möglich, hervorragend gedämmte Holzkonstruktionen, welche luftdicht und gleichzeitig diffusionsoffen sind, ohne Dampfsperren zu konstruieren. Der Holzbau ist deshalb eine Konstruktionsart, die "atmen" kann.
- Bei allen Bauweisen sind die Fenster bestimmend für den Schutz gegen Aussenlärm. Dasselbe gilt für die Zimmertüren bei störendem Lärm im Gebäudeinnern. Wichtig sind dort aber auch die Schallschutzeigenschaften der Trennwände und Decken. Gegen Luftschall helfen grundsätzlich zwei Massnahmen: Einschichtige, schwere Bauteile oder mehrere, unterschiedlich leichte Schichten, welche nach bestimmten akustischen Regeln zusammengebaut werden. Korrekt konstruierte Leichtbauwände und Decken stehen mit ihren Schalldämmeigenschaften den, um ein vielfaches schwereren, massiven Konstruktionen nicht nach.
- Die horizontale Schalung der Fassade und die Profilleisten der Schiebeläden bestehen aus Lärchenholz. Lärche und Douglasie weisen aufgrund ihrer natürlicher Inhaltsstoffe eine erhöhte Widerstandsfähigkeit gegenüber Pilzbefall auf. Der Verwitterungsprozess bewirkt an Holzfassaden mit der Zeit eine silbergraue Farbe. Diese dünne, graue Schicht ist nichts anderes als eine Patina über der gesunden Holzsubstanz. Wer andere Farben vorzieht, kann zum Beispiel eine Fassade aus Tannenholz auch streichen. Dauerhafte Anstriche sind farbig und werden in bis zu vier Schichten auf die gehobelte oder besser sägeroh belassene Holzoberfläche aufgetragen.
- Die hinterlüftete Fassade schützt die tragenden, wärmegedämmten Holzbauteile vor Regen, Sonne und Wind. Sie verhindert das Nasswerden der Unterkonstruktion, lässt das Wasser abfliessen und garantiert damit ein rasches Trocknen.

Materialunabhängige Eigenschaften

- Die Stellung des Baukörpers, die Anordnung der Räume und die Plazierung der Fenster steht in direktem Bezug zur Sonnenbahn. Der erste und letzte Sonnenstrahl am Tag wird genutzt, im Winter als Beleuchtung und Heizung, im Sommer als Erlebnis: Sonnenaufgang in den Schlafzimmern und Sonnenuntergang im Wohnzimmer. Gekocht und gegessen wird selbstverständlich am sonnigsten Ort im Erdgeschoss. Vordächer, Südbalkon und Schiebeläden dienen der Schattierung der Räume im Sommer, was ein angenehm kühles Raumklima während der kurzen Hitzeperiode zur Folge hat.
- Der sparsame Energieverbrauch resultiert aus der überdurchschnittlichen Wärmedämmung. Die direkte und spürbare Folge davon ist ein hoher Wohnkomfort dank angenehm warmer Oberflächentemperaturen an Wand, Boden und Decke, welche nur noch wenig von der behaglichen Lufttemperatur von ca 21° C abweichen.
- Ein niedriger Energieverbrauch setzt neben einem entsprechenden Benutzerverhalten und der überdurchschnittlichen Wärmedämmung auch eine winddichte Baukonstruktion voraus. Weil die verbrauchte Luft nicht mehr von alleine ausgetauscht wird, wie in älteren Bauten über kleinere und grössere Undichtigkeiten vorallem bei Fenster und Türen, und über längere Zeit geöffnete Fenster während der Heizperiode grosse Wärmeverluste zur Folge haben, werden in modernen Häusern vermehrt Lufterneuerungsanlagen mit Wärmerückgewinnung eingebaut. Diese Anlagen werden praktisch nicht wahrgenommen, ermöglichen aber eine Lufterneuerung bei sehr geringem Wärmeverlust. Die mit der Wärme aus der Abluft von WC, Bad und Küche auf ca 18° C vorerwärmte Frischluft ohne Vermischung mit der Abluft, ermöglicht den Verzicht auf das Fensterlüften, vorallem nachts im Winter, bei tiefen Aussentemperaturen. Das Schlafen bei offenen Fenstern ist jedoch nicht "verboten", allerdings entfällt dann bei dieser Art Lufterneuerung der Energiespareffekt...
- Heizung und Lüftung funktionieren automatisch, können aber jederzeit von Hand reguliert oder ein- und ausgeschaltet werden.

Ausblick

Nachhaltigkeit, definiert in der neuen Bundesverfassung (Art. 73) als ausgewogenes Verhältnis zwischen der Natur und ihrer Erneuerungsfähigkeit einerseits und ihrer Beanspruchung durch den Menschen anderseits, wird auch als Grundhaltung beim Hausbau durch vermehrten Einbezug von Holzwerkstoffen je länger je mehr möglich werden. Durch die energetische Optimierung der Aussenwandkonstruktionen (zB. mit der transparenten Wärmedämmung TWD oder dem Holz - Glas - System "Lucido"), wird in absehbarer Zeit der Heizenergiebedarf drastisch gesenkt werden können. Niedrigenergie- und Passivhäuser werden nicht mehr die Ausnahme, sondern vorallem im (innovativen) Holzbau ohne teure Zusatzkosten und aufwendige Haustechnikanlagen die Regelbauweise der Zukunft sein.





Bildmaterial



1 Schnitt
2 Obergeschoss
3 Wohngeschoss
4 Sockelgeschoss

5 Nord- und Ostfassade mit halbgeschossig versetztem Eingang

6 Aufgang vom Eingang zum Wohngeschoss

7 Westfassade mit Autounterstand

8 Erdgeschoss mit Küchenkombination und Cheminéeofen

9 Zusammenbau der Holzrahmenelemente in zwei Tagen

10 Mit einer Schiebetüre vom offenen Erdgeschoss abtrennbares Gästezimmer

11 Südfassade mit Balkon und mit Segeltuch schattiertem Sitzplatz

12 Ostfassade mit horizontaler Lärchenschalung und Schiebeläden

13 Fensterfront nach Osten im Obergeschoss mit raumverbindenden Schiebetüren

Bauten / Arbeiten >> Bauten für Privat >> Einfamilienhaus und Architekturbüro Joerg Singer in Ermatingen

Joerg Singer, dipl. Architekt ETH/SIA

Architekturbüro/GmbH, Riedstrasse 10, 8272 Ermatingen, Thurgau

Fon: 0041 (0)71 660 06 90

Fax: 0041 (0)71 660 06 91

Mail: • joerg.singer@bluewin.ch >>

Homepage: • www.jsinger.ch >>